Am 28.01.2020 referierte Herr Sebastian Miesner, vom Dezernat Planen, Bauen, Mobilität und Grundstückswesen Stadtverwaltung Düsseldorf in einer bestens besuchten Veranstaltung zu dem höchst aktuellen und kontrovers diskutierten Thema Umweltspuren in Düsseldorf. Das Vorgehen der Landeshauptstadt Düsseldorf hat für ein bundesweites Echo gesorgt, so dass Herr Miesner derzeit regelmäßig zu Informationsveranstaltungen eingeladen wird.
Ausgangspunkt der Überlegungen waren ältere Konzepte zur ÖPNV-Beschleunigung wobei zunächst nur Ampelvorrangschaltungen, jedoch keine Sonderspuren angedacht waren. Infolge des ständig wachsenden Verkehrsaufkommens, +10% in den letzten 6 Jahren, und der aufkommenden Diskussion zur Luftreinhalteplanung wurde das Konzept mit dem Ziel erweitert, durch umfassendere Maßnahmen zu einer deutlichen Reduzierung der verkehrsbedingten Schadstoffimmissionen zu kommen. Diese überschreiten im Bereich der für die Anlage der Umweltspuren vorgesehenen Straßen regelmäßig die zulässigen Grenzwerte.
Bei diesen handelt es sich um vierstreifige Hauptverkehrsstraßen, in denen der ÖPNV regelmäßig mit im Stau steht und eine gesonderte Infrastruktur für den Radverkehr nicht existiert.
Der Luftreinhalteplan der Bezirksregierung sieht daher für die Merowingerstraße, Prinz-Georg-Straße und Corneliusstraße 3 Umweltspuren zur Vermeidung von Dieselfahrverboten vor. Diese werden als Bussonderfahrstreifen (Z.245) beschildert mit ausnahmsweiser Zulassung durch Radverkehr, Schulbusse, Taxen, Elektrofahrzeuge und Pkw mit mindestens 3 Insassen. Für die letztgenannte Benutzungsart wurde ein eigenes Zusatzzeichen entworfen und durch das Verkehrsministerium zunächst per Ausnahmegenehmigung zugelassen, es soll aber in die StVO übernommen werden. Die Mitbenutzung durch Taxen war zunächst umstritten, wurde aber als Folge erfolgreicher Lobbyarbeit des Taxengewerbes doch zugelassen, auch für geringer als mit 3 Personen besetzte Fahrzeuge.
Nicht zugelassen hingegen wurden Reisebusse und sonstige Chauffeurdienste,
Die einzelnen Straßen:
Die Merowingerstraße ist 4 streifige Hauptverkehrsstraße mit hoher Bedeutung im Pendlerverkehr, die Belastung beträgt 25.000 Fz/Tag und 15 Busfahrten pro Stunde. Eine Rad-Infrastruktur bestand bisher nicht.
Die Länge der Umweltspur beträgt ca. 500 m. Vergleichsmessungen der ÖPNV-Reisezeit ergaben Zeitvorteile im Bereich von immerhin 12 Sekunden, und das bei diesem vergleichsweise kurzen Streckenabschnitt.
Die Prinz-Georg-Straße : 22.000Fz /Tag und 18 Busfahrten pro Stunde. Sie ist eine innerstädtische Hauptverkehrsstraße ohne wesentlichen Pendlerverkehr und Bestandteil des Radhauptnetzes der Stadt. Die vorhandenen Radverkehrsanlagen entsprechen aber nicht mehr dem hierfür gewünschten Standard. Die Länge der Umweltspur beträgt ca. 1.200 m. Verzögerungen für den MIV wurden nach Einführung der Umweltspur nicht festgestellt, die Straße verfügt über entsprechende Reserven.
Die Corneliusstr ist mit 40.000 Fz / Tag und 24 Bussen pro Stunde die Haupt-Einpendler-Route in Verlängerung der A 46. Eine Rad-Infrastruktur bestand bisher nicht. Die im Endausbau vorgesehene Länge für eine vollständige Durchquerung der Innenstadt bis Stockum / Freiligrathplatz beträgt 8 Km
Da die Umweltspuren vorläufig nur als Versuch betrieben werden sollten, wurden bislang Keine Bau- sondern nur Markierungsarbeiten umgesetzt. Ein Merkmal ist die durchbrochene Linie, die den Bussen das Überholen von langsameren Radfahrern ermöglicht. Vor Kreuzungen endet die Umweltspur 20 m vor dem Knotenpunkt um ein Rechtsabbiegen ohne separate Führung des Rechtsabbiegeverkehrs zu ermöglichen. In einigen Bereichen der Corneliusstraße wurde bislang keine Umweltspur angelegt. Die Umweltspuren sind auch nur stadteinwärts angelegt, eine stadtauswärtige Spur würde ggfs. Staus in der Stadt selbst erzeugen und damit kontraproduktiv wirken. Die Breite beträgt regelmäßig 3,25 m, die des verbleibenden Fahrstreifens 3,15 m.
Im bisherigen Versuchzeitraum ist bei den Schadstoffimmissionen, insb. bei NO 2 eine positive Entwicklung erkennbar. Eine Zuordnung zur Einrichtung der Umweltspuren ist jedoch nicht zweifelsfrei möglich, da auch andere Faktoren, insb. die allgemeine Erneuerung der Fahrzeugflotte für das generelle Absinken Luftschadstoffwerte auch an anderen Stellen im Stadtgebiet verantwortlich sein können. Die Belastung auf der Merowingerstraße ist eindeutig zurückgegangen, liegt aber immer noch über deutlich den Grenzwerten. Für die Rheinbahn bedeuten die Umweltspuren einen deutlichen Beitrag zu mehr Fahrplanstabilität. Die für den nächsten Fahrplanwechsel angedachte Verlängerung der Fahrzeiten "zur Anpassung an geänderte Verkehrsverhältnisse kann entfallen. Weiterhin ist stadtweit eine Umrüstung von weiteren 100 LSA, weitere Sonderfahrstreifen und eine deutliche Markierung von Parkständen vorgesehen, damit Straßenbahnfahrer die Durchfahrt in engeren Straßen besser beurteilen können. Schließlich soll auch das Angebot um weitere 2 Mio Fz.-Km ausgeweitet werden.
Die laufende Evaluation wird durch das Büro Spiekermann begleitet. Nach deren Abschluss soll entschieden werden, ob die Umweltspuren als dauerhafte Einrichtung beibehalten werden sollen. Erst dann sind auch bauliche Maßnahmen vorgesehen.
Insgesamt hält es der Refernt für erforderlich, eine breite Diskussion in der Stadtgesellschaft über die zukünftige Verkehrsgestaltung zu führen und einen breiten Konsens zur Notwendigkeit einer Verkehrswende zu erzielen.
In der anschließenden Diskussion wurde insbesondere die Zulassung von Elektro-Pkw auf den Umweltspuren problematisiert. Diese erzeugen schließlich den gleichen Platzbedarf wie herkömmliche Pkw und tragen somit nicht zur Verkehrsentlastung bei. Hinzu kommt auch eine soziale Komponente: Da Elektro-Pkw zumeist als Zweitfahrzeuge von vermögenderen Kunden angeschafft werden, findet hier eine unerwünschte Privilegierung besserverdienender statt.
Die zur Präsentation gezeigten Folienfinden Sie im Download-Bereich.