Autonome On-Demand Mobilität – Eine Fata Morgana oder die Revolution in ÖPNV?

Vortrag von Herrn Thorsten Möginger, rms Gmbh Frankfurt/M

Am 24.10. referierte Herr Thorsten Möginger (Teamleiter New Mobility bei der rms GmbH) in einem sehr gut besuchten Präsenzvortrag zum Thema:

„Autonome On-Demand Mobilität – Eine Fata Morgana oder die Revolution in ÖPNV?“

Herr Möginger studierte Master of Business Administration and Engineering mit dem Schwerpunkt Logistik/Mobilität in Frankfurt. Nach seiner Tätigkeit für das IT-Beratungsunternehmen Sopra Steria in mehreren Mobilitätsprojekten, war er beim Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) als Assistent der Geschäftsführung tätig. Seit 2019 baut er bei der RMV-Tochtergesellschaft rms GmbH ein Team auf, um „New Mobility“-Lösungen wie On-Demand- und autonome Mobilität für den öffentlichen Verkehr voranzutreiben. Er leitet eines der größten On-Demand-Projekte in Europa mit einem verbundweiten Ansatz und integriert die Verkehre in das öffentliche Verkehrssystem für das gesamte RMV-Gebiet.

Die rms-Gmbh bietet zur Einführung autonomer ON Demand Fahrdienste 5 Bausteine von Strategie/Analyse über Konzept/Planung, Vorbereitung und Inbetriebnahme sowie Services im Betrieb und schließlich Evaluation und Monitoring an.

On Demand Verkehre sind derzeit gerade im ländlichen Raum auf dem Vormarsch. Sie sollen das vorhandene ÖPNV-Angebot ergänzen, oder bei schwacher Nachfrage teilweise ersetzen. Sie tragen aber auch dem gewachsenen Bedürfnis nach individuellerer Mobilität Rechnung. Im Gebiet des RMV wurden bereits 10 Bedienungsgebiete realisiert, darunter der Kreis Offenbach, welcher flächendeckend mit diesem Angebot erschlossen ist,

siehe auch Veranstaltungsbericht vom 29.09.2020

Im Stadtgebiet Frankfurt/M beschränkt sich das On-Demand-Angebot auf Zubringerverkehre zu den Stadtbahnen in nördlichen Stadtteilen.

Ziel des RMV für seine On-Demand-Verkehre ist ein verbundweit einheitlicher Auftritt mit einer zentralen Planung, einheitlicher Buchbarkeit über die RMV-App, Tarif, Beförderungsbedingungen, Schnittstellen, Konzessionierung und Evaluation.

Über den RMV hinaus haben sich weitere 10 Partner dem Projekt angeschlossen.

Der Referent versteht On-Demand-Angebote als Teil des ÖPNV, wobei dieser künftig im wesentlichen aus dem Schienenverkehrsangebot und eng getakteten Buslinien auf nachfragestarken Strecken besteht. In dem als Pilotierungsphase bezeichneten Zeitraum bis 2025 werden die On-Demand-Verkehre zusätzlich zu bestehenden Linien- und herkömmlichen Bedarfsverkehren angeboten.

In der anschließenden Integrationsphase von 2025 bis 2030 werden die herkömmlichen Bedarfsverkehre und ein geringer Teil der Linienverkehre ersetzt, zugleich sollen die ersten autonomen On-Demand-Angebote starten. In der abschließenden Ausbauphase bis 2035 werden die On-Demand-Angebote zunehmend auf autonomes Fahren umgestellt und in dieser Betriebsform deutlich ausgeweitet, ggfs. mit einer weiteren Substitution von Busleistungen.

In 5 Testfeldern wird seit 2019 autonomes Fahren auf festen Routen mit Kleinfahrzeugen des französischen Herstellers EasyMile erprobt, wobei das Ziel ist,auf den Kontrollfahrer im Fahrzeug zu verzichten. Ein „Remote“-System, d.h. eine Fernsteuerung aus einer Zentrale heraus, ist dagegen nicht vorgesehen.  Das Folgeprojekt EASYplus setzt erstmals zwei Shuttles mit einer On-Demand-Funktion auf öffentlichen Straßen ein. Erforderlich ist hierfür ein Automatisierungsgrad Level 4 und die Festlegung eines Bedienungsgebietes durch die Verkehrsbehörde.

Darüber hinaus bereitet die rms-Gmbh den 2. Schritt, autonome On Demand Verkehre, losgelöst von festen Linienwegen vor. Hierzu müssen die Fahrzeuge auf dem gesamten Fahrtverlauf zuverlässig mit der Leitstelle kommunizieren und mit der Umgebung interagieren können. Die Übertragung von Kamerabildern einer Vielzahl von Fahrzeugen in die Leitstelle erfordert ein stabiles 5G-Mobilfunknetz, das aber durchaus ausreichend ist. Als Fahrzeuge sind Premium E- SUV` s eines chinesischen Herstellers vorgesehen, deutsche Hersteller hatten die notwendige Zusammenarbeit mit den externen Software-Anbietern kritisch gesehen, wobei der Anbieter Mobileye aus Israel derzeit kriegsbedingt sicher nur eingeschränkt lieferfähig sein kann.

Das Zulassungsregime setzt sich zusammen aus

1. Typengenehmigung für das Fahrzeug,

2. Erprobungsgenehmigung für autonomes Fahren,

3. Typengenehmigung für das Fahrzeug und ADS (Automatic Drive System), Level 4

4. Betriebsbereichsgenehmigung,

wobei für 1 – 3 eine Zuständigkeit von Bundesbehörden, für 4 eine Landeszuständigkeit gegeben ist.

Im Ergebnis ist Herr Möginger davon überzeugt, dass autonomes Fahren im ÖPNV kommen wird, nicht zuletzt aufgrund von Kosteneinsparungen im Personalbereich, die er für das Jahr mit etwa 34% beziffert. Die ersten Einsätze erwartet er im On Demand Verkehr mit Kleinfahrzeugen, wogegen im Busbereich die Entwicklung eher zögerlich anläuft. Im Unterschied zu den amerikanischen und chinesischen Anbietern, die mit ihren Robotaxis den ÖPNV konkurrenzieren, sieht er für Deutschland eher eine Integration in den ÖPNV als Zukunftsmodell gegeben.

Abschließend zeigte Herr Möginger ein Video über eine problemlose Mitfahrt mit einem „cruise“-Robotaxi in San Francisco. Leider wurde am Tag der Abfassung diese Artikels die Zulassung für „cruise“ aufgrund von mehreren Unfällen mit Personenschäden ausgesetzt.

Vortragsfolien

Webseite: https://www.rms-consult.de/