Wissenschaftliche Begleitung des Verkehrssicherheitsprojekts „Schutzengel“ im Kreis Gütersloh

Vortrag von Frau Prof. Dr.-Ing. Iris Mühlenbruch, Hochschule Bochum, FB Bauingenieurwesen

Veranstaltung vom 25. September 2012

Am 25.09.2012 referierte Frau Prof. Dr.-Ing. Iris Mühlenbuch zum Thema

„Wissenschaftliche Begleitung des Verkehrssicherheitsprojekts „Schutzengel“ im Kreis Gütersloh“

 

Frau Prof. Dr.-Ing. Iris Mühlenbuch ist seit Februar 2012 Professorin für Verkehrswesen, insbesondere nachhaltige Mobilität, an der Hochschule Bochum, FB Bauingenieurwesen, Institut für Mobilität und Verkehrssysteme.

Im ersten Teil ihres Vortrages stellte Frau Prof. Mühlenbruch das von ihr begleitete Projekt „Schutzengel“ im Kreis Gütersloh vor:

Ziel eines Schutzengel-Projektes ist die Reduzierung der Verkehrsunfälle mit Beteiligung junger Fahrer (18 – 24 Jahre), insbesondere der Unfälle mit schweren oder sogar tödlichen Folgen. Das Projekt basiert auf kommunikativen Maßnahmen der Peer-group, mit denen auf Gleichaltrige Einfluss genommen werden soll. Das erste Schutzengel-Projekt wurde in den 1990er Jahren in Dänemark initiiert.

Das Schutzengel-Projekt in Gütersloh

Nachdem verschiedene Maßnahmen ohne durchschlagenden Effekt blieben, wurde 2008 das Schutzengel-Projekt im Kreis Gütersloh gemeinsam von der Kreisverwaltung Gütersloh (Straßenverkehrsbehörde), der Kreispolizeibehörde Gütersloh und der Verkehrswacht Gütersloh eingeführt, weitere Partner und Akteure konnten zur Unterstützung des Projektes gewonnen werden.

Hauptakteure im Gütersloher Schutzengel-Projekt sind 16-24-Jährige, die bereit sind, als „Schutzengel" gleichaltrige Freunde und Bekannte davon abzuhalten, sich unter dem Einfluss von Alkohol/Drogen oder nicht angeschnallt ans Steuer zu setzen oder zu schnell zu fahren. Die 16 – 17 – Jährigen werden einbezogen, da sie häufig als Beifahrer(innen)  in von jungen Fahrern gesteuerten Pkw unterwegs sind. Die Registrierung erfolgt über den Eintrag auf der Projekt-Homepage: Seite http://www.be-my-angel.de/. Neben der Einflussnahme auf Gleichaltrige, ist auch die Änderung des eigenen Verhaltens hin zu einem verkehrssichereren Verhalten Ziel des Projektes. Für das Projekt „Schutzengel" in Gütersloh wurde als Ziel eine Senkung der Anzahl der verunglückten 16-24-Jährigen im Kreis Gütersloh um mindestens 20 % bis Ende 2010 auf Basis der Unfallzahlen 2007 vereinbart. Dieses Ziel wurde erreicht, so dass für das Jahr 2014 eine erneute Zielvorgabe von noch einmal 10% weniger Verunglückten gegenüber 2010 gesetzt wurde

Als Dankeschön und Anerkennung für ihr Engagement erhalten alle registrierten Schutzengel einen Ausweis, ähnlich einer Bankkarte, der ihnen Vorteile und Vergünstigungen bei verschiedenen Sponsoren ermöglicht. Weitere Informationen zum Projekt enthält die Seite http://www.be-my-angel.de/

 

Die wissenschaftliche Begleitung

Aufgabe der wissenschaftlichen Begleitung ist es u.a. die Wirksamkeit des Projektes „Schutzengel" zu messen. Voraussetzung dafür, dass das Projekt eine Unfallreduzierung herbeiführen  kann, ist zunächst, dass das Projekt von den registrierten Schutzengeln angenommen und ernst genommen wird. Weiterhin ist es Voraussetzung, dass die Schutzengel im Sinne der

Am 25.09.2012 referierte Frau Prof. Dr.-Ing. Iris Mühlenbuch zum Thema

„Wissenschaftliche Begleitung des Verkehrssicherheitsprojekts „Schutzengel“ im Kreis Gütersloh“

 

Frau Prof. Dr.-Ing. Iris Mühlenbuch ist seit Februar 2012 Professorin für Verkehrswesen, insbesondere nachhaltige Mobilität, an der Hochschule Bochum, FB Bauingenieurwesen, Institut für Mobilität und Verkehrssysteme.

Im ersten Teil ihres Vortrages stellte Frau Prof. Mühlenbruch das von ihr begleitete Projekt „Schutzengel“ im Kreis Gütersloh vor:

Ziel eines Schutzengel-Projektes ist die Reduzierung der Verkehrsunfälle mit Beteiligung junger Fahrer (18 – 24 Jahre), insbesondere der Unfälle mit schweren oder sogar tödlichen Folgen. Das Projekt basiert auf kommunikativen Maßnahmen der Peer-group, mit denen auf Gleichaltrige Einfluss genommen werden soll. Das erste Schutzengel-Projekt wurde in den 1990er Jahren in Dänemark initiiert.

Das Schutzengel-Projekt in Gütersloh

Nachdem verschiedene Maßnahmen ohne durchschlagenden Effekt blieben, wurde 2008 das Schutzengel-Projekt im Kreis Gütersloh gemeinsam von der Kreisverwaltung Gütersloh (Straßenverkehrsbehörde), der Kreispolizeibehörde Gütersloh und der Verkehrswacht Gütersloh eingeführt, weitere Partner und Akteure konnten zur Unterstützung des Projektes gewonnen werden.

Hauptakteure im Gütersloher Schutzengel-Projekt sind 16-24-Jährige, die bereit sind, als „Schutzengel" gleichaltrige Freunde und Bekannte davon abzuhalten, sich unter dem Einfluss von Alkohol/Drogen oder nicht angeschnallt ans Steuer zu setzen oder zu schnell zu fahren. Die 16 – 17 – Jährigen werden einbezogen, da sie häufig als Beifahrer(innen)  in von jungen Fahrern gesteuerten Pkw unterwegs sind. Die Registrierung erfolgt über den Eintrag auf der Projekt-Homepage: Seite http://www.be-my-angel.de/. Neben der Einflussnahme auf Gleichaltrige, ist auch die Änderung des eigenen Verhaltens hin zu einem verkehrssichereren Verhalten Ziel des Projektes. Für das Projekt „Schutzengel" in Gütersloh wurde als Ziel eine Senkung der Anzahl der verunglückten 16-24-Jährigen im Kreis Gütersloh um mindestens 20 % bis Ende 2010 auf Basis der Unfallzahlen 2007 vereinbart. Dieses Ziel wurde erreicht, so dass für das Jahr 2014 eine erneute Zielvorgabe von noch einmal 10% weniger Verunglückten gegenüber 2010 gesetzt wurde

Als Dankeschön und Anerkennung für ihr Engagement erhalten alle registrierten Schutzengel einen Ausweis, ähnlich einer Bankkarte, der ihnen Vorteile und Vergünstigungen bei verschiedenen Sponsoren ermöglicht. Weitere Informationen zum Projekt enthält die Seite http://www.be-my-angel.de/

 

Die wissenschaftliche Begleitung

Aufgabe der wissenschaftlichen Begleitung ist es u.a. die Wirksamkeit des Projektes „Schutzengel" zu messen. Voraussetzung dafür, dass das Projekt eine Unfallreduzierung herbeiführen  kann, ist zunächst, dass das Projekt von den registrierten Schutzengeln angenommen und ernst genommen wird. Weiterhin ist es Voraussetzung, dass die Schutzengel im Sinne der Projektkonzeption tätig werden, um auf Freunde und Bekannte bezüglich eines verkehrssichereren Verhaltens Einfluss zu nehmen bzw. ihr eigenes Verhalten zu ändern. Hierzu treten die Schutzengel u.a. auch im theoretischen Unterricht der Fahrschulen auf. Die Resonanz ist überaus positiv, mit derzeit 14.700 Registrierungen sind etwa 25% der angesprochenen Altersgruppe im Kreis Gütersloh erfasst.

Weitere Informationen zum Projekt enthält die Seite http://www.be-my-angel.de/

Frau Prof. Mühlenbruch sieht den Schwerpunkt ihrer eigenen Arbeit in der Evaluation des Projektes, insbesondere in der Erbringung eines Wirksamkeitsnachweises.

Dementsprechend wurde zur Wirkungsevaluation ein Methodenmix gewählt, um auf den verschiedenen Ebenen Informationen zu erhalten.

Die wissenschaftliche Evaluation findet auf  vier Stufen statt: Sie besteht aus einer Prüfung der Wahrnehmung des Projektes anhand der erfolgten Registrierungen (Stufe 1), einer Befragung der Teilnehmenden zu Einstellung, emotionaler Ansprache, Wissen und Können.(Stufe 2), zum Verhalten der Schutzengel als Ergebnis der Maßnahme (Stufe 3), und einer Unfallanalyse (Stufe 4).

Die Befragung wurde im Jahr 2009 online durchgeführt, nachdem die Schutzengel per Mail vorab informiert worden waren. Die Rücklaufquote lag bei 3077 Teilnehmern und damit bei etwa 33%. Die Stichprobe erwies sich im Vergleich zur Gesamtheit der Schutzengel und zu bundesweiten Daten als aussagefähig. Als Gründe für die Mitarbeit als Schutzengel wurden im wesentlichen zuerst das Problem der Unfälle genannt (83,4%),  erst danach folgten die Attraktivität der Angebote oder  die Mitarbeit von Freunden. Ihr eigenes Verhalten als Ergebnis der Projektteilnahme haben dagegen nur 19% der befragten geändert, die weit überwiegende Mehrheit hält sich dagegen bereits für gute und sichere Fahrer.

Auf einer dreiteiligen Skala von 0 – 2 wurden die Häufigkeiten riskanter Situationen erfragt, wobei im Mittelwert zu schnelles Fahren, sowie nicht angeschnallt Fahren am häufigsten genannt wurden. Alkohol  und Drogen  spielten dagegen eine etwas geringere Rolle. Diese vier „Kernbotschaften“ werden daher auch bei der Fortführung des Projektes im Vordergrund stehen.

Auf Seiten der Beifahrer stehen ebenfalls das Nicht – Anschnallen, sowie das Animieren des Fahrers zu riskanter Fahrweise im Vordergrund.

In gefährlichen Situationen eingeschritten waren immerhin 78% der befragten, wobei die älteren häufiger tätig wurden als die jüngeren. Die Erfolgsquoten des jeweiligen Einschreitens wurden als sehr hoch bewertet.

Im Rahmen der Unfallentwicklung wurde die Entwicklung der Verunglücktenzahlen im Kreis Gütersloh im Zeitraum 2007 – 2010 analysiert, die in Erfüllung der Zielvorgabe eine Reduktion der Unfallzahlen junger Fahrer von 20,3 % ergab.

Zudem wurde diese Entwicklung mit zwei Kontrollräumen als auch mit der Entwicklung in ganz Nordrhein-Westfalen verglichen und entsprechend bewertet. Die ausgewählten Kontroll – Kreise sollten nach Unfallhäufigkeit, Siedlungsstruktur, Lage von Diskotheken – Standorten, ÖPNV – Angeboten in der Nacht und polizeilichen Aktivitäten etc. vergleichbar sein.

Der Vergleich mit den beiden Kontroll – Kreisen und mit dem gesamten Bundesland NRW ergab in der Tat eine überproportionale Senkung der Verkehrsunfallzahlen, der Wirkungszusammenhang zum Projekt ist plausibel.

Das Projekt sowie die wissenschaftliche Begleitung werden bis zum Jahr 2015 weiter fortgeführt.

In der anschließenden Diskussion entstand die Frage, ob allein die Unfallzahlen eine statistisch zuverlässige Basis für die Gesamtheit des Fehlverhaltens junger Kraftfahrer und ihrer Beifahrer bieten, oder auch andere Kriterien herangezogen werden müssten. Als besondere Herausforderung wurde darüber hinaus die Dauerhaftigkeit einer solchen Kampagne, die mit der Zeit regelmäßig an Medienpräsenz verliert und häufig von dem Engagement einzelner Personen abhängt, gesehen. Schwierig gestaltet sich zudem bei dergleichen Projekten der Übergang von der „geförderten Phase“ in den „Regelbetrieb“.

Die zum Vortrag gezeigten Präsentationsfolien finden Sie im Download - Bereich