ÖPNV aus einer Hand für eine Großstadt der Metropolregion Ruhr im Strukturwandel.

Vortrag und Besichtigung der Betriebsleitstelle von Herrn Mike Bonkowski und Herrn Rüdiger Schwerdt, DSW21:

Unsere letzte Veranstaltung in 2016 führte uns diesmal ins vorweihnachtliche Dortmund zum Vortrag und zur Besichtigung der integrierten Bus- und Stadtbahnleitstelle.

Herr Dipl.-Ing. Mike Bonkowski ist bei DSW21 Leiter des Bereichs Planung und verantwortlich für die konzeptionelle und auch betriebliche Planung für die Stadtbahnen und Busse im Netz von DSW21. Zu seinen Aufgaben gehören darüber hinaus die Haltestellenplanung und die Qualitätssicherung im Bereich Verkehr. Verkehrsforschung- und –erhebungen runden das Aufgaben-spektrum ab.

Herr Bonkowski ist studierter Raumplaner und seit 2014 bei DSW21 beschäftigt. Vorher war er 13 Jahre in gleicher Position bei der Hagener Straßenbahn AG tätig und hat dort die Angebotsoptimierung betreut und zuletzt die erste Direktvergabe im VRR planerisch begleitet.

Herr Rüdiger Schwerdt ist Leiter der Betriebsleitstelle für Busse und Stadtbahnen, welche in der U-Bahnstation Stadtgarten untergebracht ist. Herr Schwerdt begann seine Laufbahn bei den Dortmunder Stadtwerken als Straßenbahnfahrer, wurde anschließend Verkehrsmeister und schließlich Leiter der Betriebsleitstelle. Er ist zudem für die Aus-und Weiterbildung der Verkehrsmeister zuständig

Das Unternehmen DSW21  http://www.einundzwanzig.de/Start.html verfügt über ein breitgefächertes Aufgabenfeld und beinhaltet über den üblichen Verbund Versorgung und Verkehr hinaus die Geschäftsfelder „Lebensräume“ und „Datennetze“. Hierzu gehören u.a. die Wohnungsbaugenossenschaft DoGeWo21, das Projekt Phönixsee und die Telekommunikationsgesellschaft DOKOM 21. Der Bereich Mobilität ist neben dem ÖPNV auch für den Hafen, den Flughafen und die H-Bahn zuständig.

Die Querverbund-Erlöse haben bislang zur Deckung des ÖPNV-Finanzbedarfes von ca. 53 Mio.€ pro Jahr ausgereicht, diese Finanzquelle kann jedoch auch in Dortmund nicht als dauerhaft gesichert gelten, so dass auch hier Forderungen nach Einsparungen trotz steigender Fahrgastzahlen erhoben werden. Die aktuelle Betriebsleistung beträgt bei der Stadtbahn 6,5 Mio. Wagen-Km, beim Bus 14,1 Mio. zzgl. 3,3 Mio. Wagen-Km Fremdleistung. Die Fahrgastzahl liegt bei 134 Mio. pro Jahr. Das Stadtbahnnetz teilt sich auf in 6 Hochflur- und 2 Mittelflur-Linien auf der Ost-West-Achse. Die Fahrzeuge auf dem Hochflurnetz sind ausschließlich B-Wagen des Typs B6 C, in der verlängerten Version B8 C, und den zur Fußball-WM 2006 gebraucht aus Bonn übernommenen B 100 T (10 Fz). Diese sind etwa 10 Jahre älter als die ursprünglichen DSW-Fahrzeuge und sollen im Zug einer anstehenden Fahrzeug-Neubeschaffung ausgemustert werden. Mit dieser Neubeschaffung soll mit 20 neuen Fahrzeugen der erhebliche Engpass beseitigt werden. Die B6 und B8- Wagen erhalten eine Revision, die einen erneuten, längerfristigen Einsatz ermöglicht.

Bei allen Mittelflur-Fahrzeugen NGT8 müssen derzeit Rostschäden an den Drehgestellen und Fußböden aufwändig beseitigt werden, so dass von den 41 planmäßig benötigten (insg. 47) nur 30 eingesetzt werden konnten, so dass das fahrplanmäßige Angebot gekürzt werden musste.

Der Busverkehr ist auf das Stadtbahnnetz ausgerichtet und bedient im wesentlichen die Stadtbezirke außerhalb der Innenstadt. Eine Busbeschleunigung ist über das ITC und entsprechend umgerüstete Signalanlagen möglich. Allerdings werden die Buslinien nur im Verspätungsfall bevorzugt.

Auf vielen Buslinien, insbesondere im Dortmunder Westen, besteht ein 20-Min.-Takt, der sowohl für den Anschluss an die Stadtbahn, als auch an die S-Bahn „passt“. Die vom VRR vorgesehene Taktumstellung auf 15/30-Min. erfordert auch entsprechende Bus-Mehrleistungen in der HVZ, die von DSW21 mit 5 Mio. € jährlich geschätzt werden.

Der aktuelle Nahverkehrsplan stammt aus dem Jahr 2013 und enthält nach Auffassung des Referenten überwiegend Zustandsbeschreibungen, aber wenig konkrete Zielvorgaben für die Weiterentwicklung des ÖPNV, insb. wird auch keine Steigerung des Modal-Split-Anteils gefordert. Auch die durch § 8 Abs.3 PBefG geforderte Herstellung der Barrierefreiheit bis 2022 findet sich in diesem Plan nicht wieder, sondern wird durch einen noch zu fertigenden Fachbeitrag behandelt. Immerhin enthält der Plan die Festsetzung, dass ein künftiger ÖPNV-Betreiber die Beschäftigten nach den einschlägigen und repräsentativen Tarifverträgen zu entlohnen hat und dass Bus und Bahnverkehre aufgrund der intensiven Verflechtung aus einer Hand erbracht werden sollen. Es bleibt abzuwarten, ob innerhalb der 3-Monats-Frist nach der für das Jahresende vorgesehen Vorab-Bekanntmachung zur In-House-Vergabe eigenwirtschaftliche Konkurrenzanträge gestellt werden. Der für das Stadtgebiet Hamm gestellte eigenwirtschaftliche Antrag wurde inzwischen zurückgezogen.

 

Eine regelmäßig besondere Herausforderung stellen die Heimspiele des BVB dar. Die Stadtbahnanlagen am Stadion stammen aus einer Zeit, als das Stadion nur 55.000 Zuschauer fasste. Beim Ausbau für 2006 auf 81.000 Zuschauer wurden diese Anlagen nicht mit angepasst. Dennoch kommt der ÖPNV hier auf einen Anteil von 36% bei einer Kapazität von 10.000 Personen pro Stunde. Der Sonderverkehr beginnt also etwa 4 Stunden vor Spielbeginn und endet 90 Minuten nach Abpfiff. In dieser Zeit müssen die übrigen Stadtbahnlinien aufgrund der Fahrzeugknappheit mit reduziertem Platzangebot auskommen. Während der Ablauf bei Bundesligaspielen mit Beginn Sa., 15.30 Uhr gut beherrscht wird, stellen Spiele auf europäischer Ebene mit kurzfristig „fernsehgerecht“ angesetzten Anfangszeiten an Wochentagen durchaus ein dienstplantechnisches Problem dar, insb. bei „KO“- Spielen mit Verlängerung und Elfmeterschießen.

 

Bei der anschließenden Besichtigung der Leitstelle erläuterte Herr Schwerdt die unterschiedlichen Aufgaben und die Zusammenarbeit der Mitarbeiter am Leitstand. Alle Mitarbeiter haben die Qualifikation zum Verkehrsmeister durchlaufen und sind auf allen Arbeitsplätzen in der Leitstelle ebenso einsetzbar wie bei Außeneinsätzen. Weichen, Fahrstraßen und Stromversorgung werden von der Leitstelle zentral gesteuert. Im Raum befinden sich 2 Schautafeln für das Gleis- und das Stromversorgungsnetz.

Weitere Informationen finden Sie auf http://www.bus-und-bahn.de/29716.html