Am 19.03.2024 referierte Herr Michael Zyweck, Stabsstellenleitung Zukunftsnetz Mobilität NRW VRR AöR zum Thema
„Mikromobilität – Mikro, oder doch relevanter Baustein für die Verkehrswende?“.
Herr Zyweck ist 59 Jahre alt und leitet die Stabsstelle Zukunftsnetz Mobilität NRW bei der VRR AöR. Zudem ist er zuständig für unterschiedliche Projekte der vernetzten Mobilität, z.B.Projektleitung „Dein Radschloss“, Gemeinschaftsprojekt von Kommunen/Kreisen und VRR zum innovativen Fahrradparken an ÖPNV – Haltepunkten. Er ist Sprecher der AG Fahrgemeinschaften NRW, seit 1992 beim Verkehrsverbund Rhein Ruhr.NRW.Energy4Climate in Düsseldorf.
Eines der ersten Projekte des Referentwn war die Einführung des Fahrradverleihs „Metrorad Ruhr“ in Regie des VRR, welches aber keine Förderung durch die Kommunen erfuhr und zuerst an der Ruhr-Universität Bochum durch einen Semesterbeitrag eingeführt werden konnte.
Im Gegensatz zu den Klassikern des Umweltverbundes wie ÖPNV und Radverkehr entwickelt sich die Mikromobilität sehr schnell und schwer planbar. Anbieter platzieren Ihre Produkte, durch Fusionen oder unsichere Finanzierungsstrukturen verschwinden jedoch viele wieder vom Markt. Dies betrifft nicht nur Marken sondern auch ganze Produktlinien.
Der Referent betont, dass für ihn in der Planung der Begriff der „Mikromobilität“ deutlich über E-Scooter hinausgehe, und auch andere Kleinstfahrzeuge, über E-Bikes bis hin zu MicroCars umfasse. Hierzu existiert eine Vielzahl von rechtlichen Regelungen ab welchem Alter welche Fahrzeuge auf welchem Fahrweg gefahren werden dürfen. Bei den E-Scootern ist zu unterscheiden zwischen fahrerlaubnisfreien Modellen bis 20 km/h, die ab dem 14. Lebensjahr gefahren werden dürfen und der versicherungspflichtigen Variante bis 45 Km/h, die die Fahrerlaubnisklasse AM erfordert. Hinzu kommen noch die Regelungen der einzelnen Vermieter, deren AGB nur Personen zulassen, die älter als 18 Jahre sind. Da die Anbieter diese Vorgaben aber nur untzreichend überwachen, hat z.B. die Stadt Gelsenkirchen alle Verträge gekündigt und zu diesem Punkt neu verhandelt.
Angebote der Mikromobilität sind mittlerweile auch im ländlichen Raum in gleicher Weise vertreten, wie in den Städten, wobei die Fahrzeuge aber eher Privateigentum sind. Eine Substitution von Pkw-Fahrten findet tatsächlich statt. Auch das Image hat sich gebessert, insb. aufgrund der in den letzten Jahren vorgenommenen Verbeserungen bei der Fahrzeugqualität, Nachhaltigkeit, Betriebsablauf und Beschäftigungsverhältnisse der Mitarbeitenden. Die asiatischen Anbieter von Leihfahrräder, die diese quasi ohne Absprachen mit den Kommunen „auf die Straße geworfen“ hatten, sind dagegen wieder verschwunden.
Unterstützt wird der Ausbau in NRW durch das „Nahmobilitätsgesetz“ des Landes, welches aber auch die Kommunen und Kreise vor neue Aufgaben stellt.
Dies betrifft u.a. Aspekte der Verkehrssicherheit, Einbindung der Mikromobilitäts- Angebote in die intermodalen Wegeketten bis hin zur Integration in Mobilstationen.
Hinzu kommen die unterschiedlichen Vertragswerke und sonstige rechtliche Rahmenbedingungen, wie neuerdings das Verbot der E-Scooter - Mitnahme im ÖPNV.
Neben den Herausforderungen bestehen für Angebote der Mikromobilität aber auch größere Chancen. Die flexible und schnelle Nutzung insbesondere von jüngeren Zielgruppen ist ein Zugang, die reine PKW-Nutzung zu reduzieren und andere Verhaltensmuster der Verkehrsmittelnutzung zu stärken. Dies stärkt in Folge auch den ÖPNV. Weiterhin generieren die Sharing Anbieter eine Vielzahl an Daten zur Optimierung der Angebote. Ebenso wie Telekommunikationsdaten bietet dieser noch nicht ausgewertete Datenfundus bedeutende Möglichkeiten, die kommunalen und regionalen Verkehrsplanungen zu unterstützen. In den Nutzungsverträgen haben die Kommunen die Möglichkeit, die Unternehmen zu verpflichten, diese Daten zur Verfügung zu stellen.
Als vorbildliche städtische Einrichtung zur Organisation der Mikromobilität nannte der Referent die Mobilitätsgesellschaft Düsseldorf, in deren Zuständigkeitsbereich 8.000 Scooter laufen, mit denen 440.000 Fahrten im Monat absolviert werden. Die Ausleihe erfolgt über 139 Sharing-Stationen, und in einigen Innenstadtlagen ist eine Abstellung und Abmeldung nur an einer Sharing-Station zulässig.
Der VRR unterstützt die Kommunen bei der Auswahl geeigneter Standorte für Mobilstationen und hat hierfür 650 Empfehlungen erarbeitet.
https://www.vrr.de/de/magazin/verbundweites-konzept-fuer-die-errichtung-von-mobilstationen/
Fahrradabstellanlagen und Infostelen können hier eine Förderung vo 90% erhalten.
Beinahe in Konkurrenz hierzu und noch ohne Abstimung errichtet aber aktuell auch die Deutsche Bahn ein eigenes System von „Sharing Hubs“ https://mobilitaetgestalten.deutschebahn.com/portfolio/stationen/services-und-hubs/mobility-hub
Abschließend sprach Herr Zyweck auch noch das Thema Car-Sharing in den beiden Varianten stationsbasiert und „free floating“ an. Gerade für das Ruhrgebiet wäre ein einheitliches stadtgrenzenübergreifendes Angebot hilfreich, bislang müssen interessierte Anbieter jedoch mit den einzelnen Städten verhandeln, mit dem Ergebnis, dass das Angebot weiterhin einem Flickenteppich gleicht.
https://www.zukunftsnetz-mobilitaet.nrw.de/