Mega-Hub Niederrhein Die Antwort auf aktuelle Herausforderungen der globalen Logistik ?

Vortrag von Herrn Werner Kühlkamp

Senior Experte beim Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme DST in Duisburg vom 27.11. 2012

 

Am 27.12.2012 referierte  Herr Dipl.-Volkswirt Werner Kühlkamp
Senior Experte beim Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme DST in Duisburg

 

Am 27.11.2012 referierte Herr Dipl. Volkswirt Werner  Kühlkamp zum Thema

„Mega-Hub Niederrhein Die Antwort auf aktuelle Herausforderungen der globalen Logistik?“

 Herr Kühlkamp war nach seinem Studium an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster ab 1988 im Verkehrsressort der Niederrheinischen IHK zu Duisburg tätig, zuletzt als Leiter der Abteilung Verkehr und Logistik. Dabei umfasste sein Arbeitsgebiet alle Bereiche der Verkehrs- und Logistikwirtschaft, insbesondere aber auch die Interessenvertretung der Branchen und deren Kunden (Industrie und Handel) gegenüber Politik und Verwaltung aller staatlichen Ebenen.
Seit kurzem ist er Senior Experte beim Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme e.V.DST in Duisburg. Das Institut befasst sich einerseits mit der technologischen Weiterentwicklung von Schiffen im Flachwasser, andererseits aber auch mit gesamt- und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen des nassen Verkehrssystems. Dabei wird insbesondere auf die Integration beider Sichtweisen Wert gelegt.

Das Projekt Mega Hub Niederrhein wird durch das DST in Kooperation mit den 5 Unternehmen durchgeführt, die Container – Verkehr auf dem Rhein betreiben.

Herr Kühlkamp gab zunächst einen allgemeinen Überblick über die gegenwärtige Situation der Binnenschifffahrt. Die Binnenschifffahrt ist zwar bundesweit nur mit einem Anteil von 10%, am gesamten Güterverkehrsaufkommen vertreten, wobei der weit überwiegende Teil auf dem Rhein befördert wird. In NRW dagegen beträgt dieser Anteil immerhin 25%. Beherrschende Transportgüter sind Massengüter für die Montan – und Chemieindustrie. Deren Standorte am Rhein wären ohne den preisgünstigen Binnenschiffstransport gegenüber unmittelbar am Meer gelegenen Standorten nicht wettbewerbsfähig. Der Anteil des Container – Verkehrs liegt bei nur 10% des Gesamtaufkommens im Binnenschiffsverkehr.

Der Rhein weist in der Regel einen akzeptablen Unterhaltungszustand auf der Schiffsverkehr bis Basel zu jeder Jahreszeit ermöglicht, allerdings mit stromaufwärts zunehmenden Ladebeschränkungen. Daher wird die theoretisch vorhandene Transportkapazität der Binnenschiff – Flotte im Durchschnitt nur zur Hälfte ausgelastet.

Lediglich kleinere Schiffe können den gesamten deutschen Streckenabschnitt befahren und sind auch bei Niedrigwasser noch einsetzbar, größere Einheiten werden erst ab Duisburg verwendet.

Der am meisten problematische Ablauf im  Binnenschiffsverkehr stellt die Übernahme und Übergabe der Container in den Seehäfen der ZARA – Range (Zeebrugge, Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam) dar. Da hier die Seeschiffe in der Abfertigung Vorrang genießen, müssen die Binnenschiffe in ihrem Fahrplan regelmäßig eine 6 – 8 – stündige Wartezeit einplanen. In der Praxis betragen die Wartezeiten jedoch gelegentlich bis zu 80 Stunden oder 57% der Betriebszeit, was sich bei dem hohen Fixkostenanteil der Binnenschifffahrt von 80% wirtschaftlich besonders ungünstig auswirkt. Die Treibstoffkosten betragen dagegen nur 20% der Gesamtkosten. Umgekehrt ist die Zulieferung zum Seeschiff besonders zeitsensibel, da diese ebenfalls nach Fahrplan verkehren und auf verspätet eintreffende Ladung vom Binnenschiff nicht warten. Zugleich müssen die Container bei verschiedenen Anlaufstellen im Seehafen abgeholt bzw. abgeliefert werden (Rotterdam 7, Antwerpen 10 Anlaufstellen), was die Be – und Entladevorgänge verkompliziert und sich ungünstig auf die „callsize“ auswirkt. Dennoch werden auf dem Rhein aktuell ca. 2 Mio TEU bei steigender Tendenz transportiert. Die verbindlichen Modal Split – Ziele der Häfen sehen zudem eine Erhöhung des Binnenschiff – Anteils im Hinterland – Verkehr von gegenwärtig 39 auf 45% (Rotterdam) und 33 auf 43% (Antwerpen) vor.

Die 5 Operateure verkehren jedoch derzeit unabhängig voneinander und unkoordiniert, d.h. sie sammeln jeder für sich die kleinteilige Fracht an den div. Anlaufstellen ein und verteilen sie wiederum kleinteilg auf die Empfänger entlang des Rheins. Mögliche Ansätze zur Senkung der an dieser Stelle entstehenden hohen Kosten werden nicht verfolgt.

Hier setzt das Projekt „Mega Hub Niederrhein“ an: Ziel ist es, die mit unsortierten Frachten aus den Seehäfen kommenden Schiffe an einer Stelle zusammen zu führen und die Container zielrein umzusortieren, so dass das einzelne Schiff nur noch möglichst wenige Empfänger anläuft, dafür aber größere Sendungen anliefert, im besten Fall eine komplette Ladung an nur einen Empfänger. Das gleiche Verfahren funktioniert auch in Gegenrichtung, so dass in den Seehäfen weniger Anlaufstellen angefahren werden müssen.

Infrastrukturelle Voraussetzung wäre jedoch ein Binnenhafen am Niederrhein mit 2 parallelen Hafenbecken, 2 x 750 m Kailänge und Möglichkeit des Schiff – Schiff – Umschlages. Im Bereich des Lippe – Mündungsraumes wäre eine geeignete, derzeit ungenutzte Hafenanlage vorhanden, welche mit vergleichsweise geringem Aufwand umgebaut werden könnte. Für die in einem Mega Hub umzuschlagende Container – Menge ist ausgehend vom Wert des Jahres  2011 von 829.000 mit Steigerungen um 25% bis 2017, um 100% bis 2020 und um 125% bis 2025 und zu diesem Zeitpunkt mit einem Gesamtaufkommen von 1.865.000 TEU jährlich zu rechnen.

Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen lässt sich jedoch der Mega – Hub noch nicht wirtschaftlich darstellen, da die zusätzlichen Kosten des Umschlages die Transportkostenersparnis übersteigen.

Dieses Ergebnis könnte jedoch schon anders ausfallen, wenn das angedachte Umschlagterminal vergleichbar dem Schienen – Mega – Hub Lehrte aus Bundesmitteln gefördert würde. Wenn zudem durch den seitens der Seehäfen aufoktroyierten Modal – Split die Transportmengen im Binnenschiffsverkehr steigen, entsteht eine Kostendegression, die auch den einzelnen Transport per Schiff verbilligt.

Die künftige Anlastung externer Kosten wirkt sich im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern ebenfalls zugunsten des Schiffsverkehrs aus.

Im Ergebnis ist Herr Kühlkamp davon überzeugt, dass das Projekt Mega Hub Niederrhein zumindest mittelfristig umsetzbar und wirtschaftlich tragfähig sein wird.

Präsentation