Ladeinfrastruktur für Lkw und Busse

Vortrag von Herrn Dr. Stephan Nahmer, Geschäftsführer SBRS Dinslaken

Am 26.09. referierte Herr Dr. Stephan Nahmer, Geschäftsführer SBRS zum Thema Ladeinfrastruktur für Lkw und Busse.

Die SBRS GmbH ist eine 100 %-Tochter der Shell Deutschland GmbH mit Sitz in Hamburg. Die Geschichte der SBRS geht zurück auf das im Jahr 1843 gegründete Unternehmen Julius Pintsch. Seit 1947 produziert es am Standort Dinslaken Energieversorgungsgeräte und -Systeme. Batterieladesysteme für Busse sind seit 2011 im Programm.

2019 wurde der Bereich Bahntechnik abgespalten und das Unternehmen 2022 von Shell übernommen.

Herr Dr.Nahmer,  Jahrgang 1967 studierte Elektrotechnik in Braunschweig mit anschließender Promotion bei VW in Wolfsburg.

Anschließend arbeitete er 13 Jahre bei Siemens im Rolling-Stock-Business (auch in Leitungspositionen), vier Jahre bei Hoppecke Batterie Systeme als Technischer Leiter in Brilon, danach war er Bereichsleiter bei Pintsch Bamag, seit 2017 bei SBRS in Leitungsfunktion, seit letztem Jahr Geschäftsführer.

Die Ladegeräte werden am Standort Dinslaken hergestellt, darüber hinaus liefert SBRS schlüsselfertige Anlagen sowohl für die Depot- („Over Night“), als auch für die Stationsladung („Opportunity“).

Für die Depotladung mit längeren Standzeiten der Busse genügt eine Ladeleistung von 20 – 150 Kw. Die Akkus der Depot- geladenen Busse haben eine Kapazität von 400 Kw/h und eine Reichweite von 200 Km. Die Ladeeinheit wird mit 400 V Wechselspannung versorgt.

Für die Schnellladung an Linienendpunkten ist eine Ladeleistung von 300 – 500 Kw erforderlich . Die Akkus der „Opportunity“ geladenen Busse haben eine Kapazität von 200 Kw/h und eine Reichweite von 100 Km. Die Ladeeinheit wird aus der Mittelspannungsebene (15 KV) versorgt.

Die Leistungs- und Strombegrenzung liegt derzeit bei 500 A bedingt durch die Ladecharakteristik der Akkus im LKW bzw. Bus.

Diese 500 A bedingen allerdings bereits, dass das Kabel und Kontakte des CCS-Ladekabels flüssigkeits­gekühlt sein müssen, denn das normale luftgekühlte Kupferkabel verträgt max. 200 A. Bei höheren Strömen werden das Kabel und die Kontakte schnell zu heiß. Bei 400 A hätte das Kabel bereits nach einer Viertelstunde eine Temperatur von 90°C. Und erst nach dem Stopp der Ladung und einer weiteren Viertelstunde Wartezeit wäre es wieder auf 60°C abgekühlt.

Alle Anlagen haben gezeigt, dass diese 500 A dauerhaft zur Verfügung gestellt werden, ohne dass das Kabel oder die Kontakte im Stecker zu heiß werden.

Die Kopplung mit den Bussen erfolgt über Pantographen die entweder im Busdach (Bottom-Up) oder im Lademast (Top-Down) installiert sind.

Bei der Depot-Ladung kommen auch die im Pkw-Bereich verwendeten CCS-Stecker zum Einsatz.

Alle von SBRS errichteten Ladeeinheiten sind an das Software-System „Orange“ angeschlossen, welches eine zentrale Überwachung und Online-Wartung ermöglicht. Für die Geräte wird eine Lebensdauer von 30 Jahren erwartet, die aktuelle Verfügbarkeit liegt bei 99,9%.

SBRS-Ladeeinheiten sind mittlerweile in 50 deutschen Städten und auch im Ausland (z.B. Brüssel, Venedig, Ankara) verbaut. In den Depots sind etwa 7-12 Ladepositionen an eine Station angeschlossen. Die höchstbelastete Station ist die Brüsseler Linie M36 mit 400 Km Tagesfahrleistung und 36 täglichen Ladevorgängen.

Vorgesehen sind nunmehr auch 15 Ladestationen für E-Lkw. Zur Abschätzung des möglichen Marktvolumens wies der Referent auf die jährlichen Lkw-Verkaufszahlen von 300.000 Fz., davon 100.000 schweren Lkw hin, denen im Busbereich gerade einmal 6.000 Verkäufe gegenüber stehen.  Einen Hochlauf der Verkäufe von E-Lkw erwartet der Referent spätestens zu dem Zeitpunkt, in dem eine nach Schadstoffwerten gestaffelte Lkw-Maut eingeführt wird. Für die Ladung auf dem Betriebshof sind mit 400 V und 600 A ähnliche Werte wie beim Bus vorgesehen, für die Schnellladung unterwegs sollen 1.250 V und 1.000 – 1.500 A verfügbar sein, weiter angestrebt sind 3.000 A Ladeleistung. Die Versorgung soll vorerst weiter aus der Mittelspannung erfolgen, es gibt aber auch Überlegungen,bei weiterer Verbreitung von E-Lkw unmittelbar an das Hochspannungsnetz (220 – 380 KV) anzuschließen.

Als Besonderheiten erwähnte Dr. Nahmer noch die Ladung der Kieler Fähren sowie die Steuerung der Kräne im Hafen Neuss, bei denen während der Lastabsenkung größere Strommengen rekuperiert werden können.

Für die Zukunft rechnet der Referent damit, dass sich die Leistungen der Batterien bis 2030 noch einmal um 30% verbessern, so dass sich  batteriebetriebene Linienbusse auch in topographisch schwierigen Bedienungsgebieten durchsetzen werden. Die derzeit gleichzeitig betriebene Elektrifizierung mit Wasserstoff-Bussen ist dagegen aufgrund der ungünstigen Energiebilanz im Landverkehr auf Schiene und Straße vermutlich wenig zukunftsfähig, im Schienenfahrzeugbereich ist die Produktion weitgehend eingestellt und auch im Busbereich sind nur wenige Hersteller am Markt.

Eine größere Rolle könnte bidirektionales Laden mit E-Lkw erhalten. SBRS hat hierzu die regelmäßigen Aufenthalte von Lkw untersucht und dabei festgestellt, dass sie in der überwiegenden Zeit nicht unterwegs sind, sondern auf ihren Betriebshöfen und Fahrzielen herumstehen und damit als temporäre Ladungsspeicher genutzt werden können.

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Weitere Informationen: https://www.sbrs.com/