E-Busse in Oberhausen, aber nicht auf der ÖPNV-Trasse

Vortrag von Herrn Stefan Thurm, STOAG, Abteilungsleiter Werkstatt und Betriebshof mit anschließender Probefahrt

Am 23.02. fand ein Vortrags- und Besichtigungstermin bei der STOAG Oberhausen zum Thema „E-Busse in Oberhausen, aber nicht auf der ÖPNV-Trasse statt. Zunächst stellte der Geschäftsführer, Herr Dipl. Ing. Overkamp das Unternehmen und die aktuelle Situation des Verkehrsbetriebs in Oberhausen vor. Mit Eröffnung der ÖPNV-Trasse war ab 1996 die Jahresfahrleistung von 7,5 auf 11 Mio. WagenKm. angehoben worden. Damit konnte zwar die Fahrgastzahl ebenfalls von 25 Mio. auf 40 Mio. gesteigert werden, die Auslastung blieb jedoch mit 11% unter den Erwartungen, so dass ein Teil der Leistungsausweitungen mittlerweile wieder zurückgenommen wurde und mit 9 Mio. jährlichen WagenKm. eine Auslastung von 18% erreicht wird.

Anschließend stellte Herr Thurm, Leiter der Abteilung Werkstatt und Betriebshof das Elektrobusprojekt vor. Zunächst war angedacht gewesen, die vorhandene Fahrleitungsanlage auf der ÖPNV-Trasse um 2 weitere Fahrleitungspaare für O-Busbetrieb und gleichzeitige Aufladung von Batterien zu ergänzen. Von dieser Maßnahme hätten alle auf der Trasse verkehrenden (Haupt-)linien profitieren können. Die Gesamtfahrzeit von 2x11 Minuten auf der Trasse hätte ohne weiteres für die Aufladung der Batterien ausgereicht, so dass diese Linien auch auf den übrigen Streckenabschnitten hätten elektrisch fahren können. Mit einer solchen Lösung könnte ein wesentlicher Teil des Oberhausener Stadtgebietes elektrisch bedient werden. Zudem wären Standzeiten und dezentrale, stationäre Ladeeinrichtungen nicht erforderlich gewesen.

Die hierfür erforderlichen Umbauarbeiten an der Straßenbahnfahrleitung wären jedoch so umfangreich gewesen, dass auf die Nachrüstung aus Kostengründen verzichtet werden musste. Zugleich wären die Beschaffungskosten für Elektro-Hybrid-Obusse gegenüber den Kosten für reine Batteriefahrzeuge zu betrachten gewesen. Dennoch bot sich zumindest die vorhandene 750V-Anlage für eine Versorgung von Ladeinfrastruktur an.

Im Rahmen des Projekts sollten 2 Ladestationen, eine aus einem Unterwerk, die andere unmittelbar aus der Fahrleitung versorgt werden und zugleich Schnelladestationen für Pkw errichtet werden.

Für die Bedienung mit 2 Elektrobussen wurden 2 Linien 962 und 966 ausgewählt, die jeweils im Stundentakt verkehren und eine Gesamtumlaufzeit von 43 bzw. 47 Minuten aufweisen. Sie können daher mit jeweils einem Fahrzeug bedient werden und weisen zudem an den Linienanfangs- und Endpunkten in Sterkrade eine hinreichende Zeitreserve für eine 10-minütige Schnellladung auf. Die Linie 966 erbringt bei 13,3 Km Linienlänge eine tägliche Fahrleistung von 170 Km und benutzt die Ladestelle am Unterwerk Neumarkt. Die Linie 962 erbringt bei 15,6 Km Linienlänge täglich 310 Km und benutzt die Ladestelle am Bahnhof Sterkrade.

Es kommen 2 Solobusse des Typs Solaris Urbino 12m-electric mit einer Elektroausrüstung des ebenfalls polnischen Herstellers EkoEnergetyka zum Einsatz. Sie bieten mit 70 Fahrgastplätzen eine etwas geringere Kapazität als entsprechende Dieselversionen. Die Ladung erfolgt über Pantographen des Systems Schunk. Der Antrieb erfolgt über 2 „radnahe“ 120 kW-Motoren. 5 Batteriemodule  des Herstellers Impact/A123 von jeweils 40 kWh Kapazität sind im Heck und auf dem Dach des Fahrzeuges angeordnet. Deren Lebensdauer wird zurzeit mit 5 Jahren angenommen. Die Ladegeräte leisten 220 kWh, die im Winter mit 25 zu 195 zwischen Wärmespeicher und Batterie aufgeteilt werden.

Der Stromverbrauch beträgt etwa 170 kWh auf 100 Km, die aktuelle Zustandsdaten der E-Anlage können über das Portal Viriciti abgerufen werden.

Der Betrieb wurde am 04.10.2015 aufgenommen, wobei insgesamt 40.000km weitgehend störungsfrei absolviert wurden. Eine Erweiterung kann sich die STOAG im Umfang von etwa 5 weiteren Bussen vorstellen, wenn entsprechende ergänzende Fördermittel bereitgestellt würden. Es sind aber weiterhin nur Busse zur Schnellladung tagsüber (Opportunity) angedacht, Busse im Ganztagsbetrieb mit einer einzigen gleichzeitigen Aufladung aller Busse nach Betriebsende (Overnight) würden bei einem Verkehrsbetrieb in der Größenordnung der STOAG einen unvertretbaren Aufwand bei der Ertüchtigung der Ladekapazitäten verursachen. Die STOAG sieht zudem im Strombezug von dem heimischen Energieversorger auch einen Beitrag zur Stärkung der lokalen Wirtschaft.

Abschließend gab es eine Probefahrt mit einem der beiden Busse. Die Innenausstattung entspricht der der übrigen STOAG-Fahrzeuge, um den Fahrgästen sogleich ein vertrautes Bild zu bieten. Abweichend von dem VDV-Standard-Fahrerarbeitsplatz verfügen die Busse über Touch-Screen-Bedienfelder mit individueller Anpassungsmöglichkeit für die Fahrer. Das Fahrverhalten auf der Straße war problemlos, angenehm leise und das Fahrzeug hinterließ, obwohl es sich nur um einen Prototypen handelte, einen soliden Eindruck. Auch die Anfahrt zu den Ladestationen und das Anlegen des Pantographen funktionierte reibungslos. Die Geräuschentwicklung der Ladestationen während des Ladevorgangs (Lüfter) war wahrnehmbar, führt aber an den beiden Standorten zu keinen Beschwerden.

Die Kosten für die 3 gerade neu errichteten Pkw-Schnellladestationen wurden mit je 40.000.-€ angegeben.

Weitere Informationen unter www.stoag.de

Die zum Vortrag gezeigte Präsentation finden Sie im Download-Bereich